Der Eigene - Kletterer Hansjörg Auer in "Feuer und Flamme"
Als Hansjörg Auer 14 Jahre alt war, war er mit einem seiner drei Brüder beim Klettern in einem Ötztaler Klettergarten. Es dunkelte schon, als sein Bruder bemerkte, dass er etwas am Felsblock oben vergessen hatte. „Und während mein Bruder schnell zu Fuß den Weg hinten hinauf lief auf das Plateau, dachte ich mir, wie cool es doch wäre, wenn ich die Wand einfach schnell alleine und ohne Seil hinaufrauschen würde“, erinnert sich Hansjörg, „und wenn ich schon oben wäre, wenn mein Bruder kommt. Der würde schauen, dachte ich mir.“ Ohne Seil, ungesichert in einer senkrechten Felswand auf sich alleine gestellt zu sein, beängstigt die meisten Kletterer – einige lassen dieses absolute Gefühl der Freiheit, das Adrenalin, die absolute Konzentration nicht mehr los. Es war der Moment, in dem Hansjörg Auer seine Leidenschaft für das Free Solo Klettern, die Königsdisziplin im Fels, entdeckte.
Landwirtschaft, Musik und Berg. Das sind die drei Dinge, die Hansjörgs Kindheit auf einem bescheidenen Bauernhof im Ötztal geprägt haben, erzählt er: „In der Landwirtschaft kam ich nicht aus, da musste ich mithelfen – Musik hab ich auch gemacht, sieben Jahre lang Geige gespielt, aber so richtig interessiert haben mich nur die Berge.“ Er studierte Lehramt in Mathematik und Sport im Hauptschulbereich, unterrichtete aber nur kurz, da ihn die Vorstellung erdrückte, in einem Schulbunker alt zu werden. „Diese fixe Landesstelle zu kündigen, das war ein Schritt, der in meinem eher konservativen Elternhaus keine große Begeisterung hervorgerufen hat“, gesteht er im Nachhinein. Aber seine Eltern wussten, dieser Bub macht eh immer, was er will.
Die Free Solo-Begehung des „Fischs“ an der Marmolata-Südwand hat Hansjörg Auer über Nacht in Kletterkreisen berühmt gemacht, war für ihn aber nur die logische Folgerung seiner vorherigen Klettererfolge ohne Seil. Inzwischen ist er weniger alleine unterwegs, sondern im Team und konzentriert sich auf unbestiegene Wände in Eiswüsten wie Baffin Island in Kanada, in Pakistan oder Alaska, wo er jetzt im Einsatz ist. Vorher wird er in einer kleinen Kapelle nahe seinem Elternhaus im Ötztal die übliche Kerze anzünden, die seine Mutter dann bis zu Hansjörgs Rückkehr nicht erlöschen lässt. Davon, und von vielem mehr, erzählt der Ausnahmekletterer Hansjörg Auer am Sonntag in „Feuer und Flamme“. (10-12 Uhr, mit Sarah Bernardi)